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Die Braut, die sich alleine traut

Solobraut

Als wir in Kyoto auf Tempelbesichtigungstour waren, sind mir öfter Frauen in Brautkleidern aufgefallen, die aber offensichtlich nicht an dem Tag geheiratet haben. Das hat man am fehlenden Bräutigam erkannt, oder besser gesagt, am Fehlen jeglicher Gesellschaft außer der eines Fotografen.

Meine erste Annahme: Es handelt sich um Fashionshootings, welche die Kirschblütenkulisse Kyotos für sich nutzen. Aber dafür sah das Setup wiederum nicht professionell genug aus, und die Bräute wirkten auch nicht unbedingt wie professionelle Models. Als ich dann eine Braut noch ganz verloren mit ihrer Tasche auf dem Boden sitzen sah, die missmutig auf etwas zu warten schien, lichtete ich sie ab und fragte eine Freundin, die gerade in Tokyo lebt, was es damit auf sich hat.

Die Antwort erstaunte mich nun doch – sie meinte:

„Das sind Frauen, die noch keinen Mann zum Heiraten gefunden haben, aber doch gerne ein Foto von sich im Hochzeitskleid hätten, solange sie noch jung und gut aussehen. Die buchen sich dann einen Fotografen und machen das einfach alleine.“

Wow. Ganz schön weird. Und irgendwie typisch japanisch. Erst fand ich es einfach nur traurig, aber denkt man länger darüber nach, ist es auch ein Akt der Selbstermächtigung. Warum auf den Mann warten, um sich den Wunsch vom weißen Kleid zu erfüllen? Warum der wiederum überhaupt so groß ist, ist wieder eine andere Geschichte …

Ich habe diese ganze Angelegenheit zuhause noch mal nachrecherchiert  – und bin tatsächlich auf mehrere Berichte über einen Reiseveranstalter aus Kyoto gestoßen, der neben Reisen für Businessfrauen auch das 2-tägige „Kyoto Solo Wedding“ anbietet – inklusive Kleid, Styling und Shooting. Und zwar nicht nur für Frauen, die schon mal vorheiraten möchten, sondern auch für jene, die schon geheiratet haben und deren Hochzeit eine Enttäuschung war.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch in Europa eine Nische für diese Art von „Hochzeit“ geben würde. Glaubt ihr nicht? Dann lest mal diesen Beitrag von Naomi Harris im Guardian über ihre Solo-Hochzeit.

 

Kirschblüte in Japan: Hanami in Parks

Ein Park in Kyoto

Die beliebteste Art, die Kirschblüte in Japan zu feiern, ist beim Picknick im Park, am besten direkt unter einem Kirschbaum. Dafür werden in einigen Parks, wie auch dem Ueno Park, lange Streifen rechts und links der Alleen mit blauen Planen fürs „Hanami“ ausgelegt. In anderen Parks wiederum bringt man sich seine eigene Plane mit. Egal wo in Tokyo ein Kirschbaum mit etwas Grünfläche darunter zu finden ist – zu dieser Jahreszeit sitzt mit Sicherheit eine Gruppe darunter und picknickt, und zwar mittags, nachmittags und abends. Wir selbst haben auch ein kleines Kirschblütenpicknick gemacht. Die Bento-Sets, die es in Japan überall zu kaufen gibt, eignen sich hervorragend dafür. Interessanterweise durften wir in den Park, in dem wir picknickten, keinen Alkohol mitbringen. Wie üblich in Japan zahlten wir Eintritt und unsere Taschen wurden vor Einlass kontrolliert. Es war also eine recht gesittete Hanami-Erfahrung. Dass es auch anders geht, haben wir im Yoyogi-Park erlebt, der zu den progressiveren in Tokyo gehört: Er hat keine Öffnungszeiten, man bezahlt keinen Eintritt und auf den Wiesen tummeln sich Teenager, Musiker und Tanzgruppen. Dort wurde dann doch recht wild gefeiert und der Alkohol floss in Strömen – zumindest haben wir den Zustand der Leute, die den Park verließen, so gedeutet.

Wir hatten eine grüne Plane.

Wir hatten eine grüne Plane.

Blick vom Tokyo Tower auf Hanami-Planen

Blick vom Tokyo Tower auf Hanami-Planen

Kirschblüte im lockeren Yoyogi-Park

Kirschblüte im lockeren Yoyogi-Park

Kirschblüte in Japan: Volksfest am Meguro River

Kirschbäume entlang des Meguro River in Tokyo

Wir hatten richtig Glück, denn als wir Ende März in Tokyo ankamen, erwischten wir gerade den Höhepunkt der Kirschblüte. Und die ist in Japan so viel mehr als nur ein hübscher Anblick, was mir vorher gar nicht so bewusst war. Für die Japaner ist die „Sakura“ ein Symbol für Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. Zu dieser Jahreszeit starten viele in neue Jobs, das neue Semester geht wieder los und die Erneuerung wird zelebriert. „Hanami“, das Kirschblütenbetrachten, nimmt meist volksfestartigen Charakter an, und die sonst so zurückhaltend wirkenden Japaner blühen sprichwörtlich auf (haha). Jedenfalls wird ordentlich gefeiert, wie zum Beispiel bei der Kirschblüte entlang des Meguro River. Links und rechts des Kanals schieben sich Menschenmengen aneinander vorbei, machen Selfies und Gruppenfotos vor den Blüten und holen sich Drinks und Snacks von den Ständen entlang der Strecke. Für uns war der Spaziergang entlang des Kanals ein idealer Einstand – nicht nur was die Kirschblüte anging, sondern auch dafür, sich an Menschenmassen zu gewöhnen.

Der Fuji aus dem Shinkansen

Nach Ostern reisten wir zwei Wochen durch Japan. Zwei Wochen da verbringen und den Fuji nicht sehen, das geht irgendwie nicht. Wir wollten ihn eigentlich am Lake Ashi bei Hakone anschauen, aber da hat uns dichter Nebel einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich dachte schon, ich müsste unverrichteter Dinge wieder abfliegen. Aber schlussendlich konnten wir zumindest vom Bahnsteig aus und aus dem Shinkansen nach Kyoto einen Blick auf ihn erhaschen. Schon beeindruckend, wie dieser Vulkankegel aus der ansonsten flachen Landschaft herausragt. Aus Österreich kenne ich ja nur Gebirgsketten, aber so ein alleinstehender Berg ist schon etwas Besonderes.